Bonding

In einer Zeit schnell wechselnder Moden, könnten einige werdende Eltern vielleicht die Idee haben, Bonding sei nur ein weiterer Modetrend. Tatsächlich aber bezieht sich das Wort Bonding auf eine für das Neugeborene so existentiell wichtige Entwicklungsbedingung, dass die Möglichkeit, Zeit und Rahmen für ein gutes Bonding zu bekommen, ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Wahl Ihres Geburtsortes sein sollte.

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Was genau ist Bonding?

Die Bonding-Phase beschreibt die Zeit, in der Sie als Mutter/ Eltern mit Ihrem Kind unmittelbar nach der Geburt Ihren ersten Kontakt außerhalb des Mutterleibes aufnehmen.

Dabei ist besonders die erste Stunde nach der Geburt deshalb so wertvoll, weil Sie sich genau dann und nur dann in einer hormonellen Situation befinden, wie sie sich in Ihrem gesamten Leben für Sie und Ihr Neugeborenes nicht mehr wiederholen wird.

In der Stunde nach der Geburt erreicht das Hormon Oxytocin seinen Spitzenwert. Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist Oxytocin das Hormon, das für die guten Kontraktionen Ihrer Gebärmutter zur Geburt sorgt. Daher wird es oft auch als Wehenhormon bezeichnet. Aber diese Bezeichnung ist eigentlich ungenau, wenn nicht sogar falsch, denn auch in unserem sonstigen Leben fließt Oxytocin -, und daß nicht nur bei Frauen sondern auch bei Männern.

Oxytocin ist immer dann da, wenn es um positive Beziehung und Bindung geht. Es fließt, wenn wir mit jemandem eine gemeinsame Mahlzeit einnehmen, und umso mehr, wenn es sich dabei um ein Candlelight-Dinner handelt und wir so richtig verliebt sind. Es fließt, wenn wir schönen Sex haben. Es fließt, wenn eine Mutter ihr Kind stillt. Es fließt sogar, wenn jemand sein geliebtes Haustier knuddelt. Denn es ist das Liebeshormon.

Wenn es also das Liebeshormon ist, das in der Stunde nach der Geburt seine für Sie und Ihr Neugeborenes einmalig höchste Konzentration erreicht, versteht sich von selbst, warum das eine Gelegenheit ist, die Sie deshalb unbedingt nutzen sollten. Es ist Ihre Zeit, gemeinsam mit Ihrem Kind im Liebeshormon zu baden. Denn das hat weitreichende Bedeutungen für Sie als Mutter-und-Kind-Zweieinheit und für Sie als Familie.

Die Bedeutungen des Bondings für Ihr Kind:

 

Die Bedeutungen des Bondings für Sie als Mutter:

Wie läßt sich Bonding praktisch realisieren?

Viele Kliniken werben zwar heutzutage an den Info-Abenden für ihre geburtshilflichen Abteilungen damit, Bonding zu fördern, doch noch lange nicht alle Aspekte eines guten Bondings werden tatsächlich überall beachtet. Das liegt in der Regel einfach daran, daß ein differenziertes Verständnis von Bonding noch nicht so weit verbreitet ist.

Allgemein wird unter Bonding meist nur verstanden, dass eine Mutter ihr Neugeborenes auf die nackte Haut bekommt und eine Zeit lang so bei sich behalten kann.

Die Grundbedingung:

Genauer bedeutet Bonding folgendes:

Tatsächlich bedeutet Bonding aber noch mehr. Denn Bonding beginnt nicht erst in dem Moment, indem Ihr Kind auf Ihrem Bauch liegt, sondern noch einen Moment früher. Bonding beginnt bereits mit der Art und Weise Ihrer Kontaktaufnahme. Und diese sollte selbstbestimmt sein.

Einerseits haben die meisten Schwangeren noch die durch Hollywood-Filme geprägte Phantasie, daß ihnen ihr Kind passiv auf den Bauch „geklatscht“ wird. Und andererseits haben auch immer noch viele Hebammen die gutgemeinte Idee, dass es für das Bonding förderlich sei, der Mutter das Kind möglichst sofort auf den Körper zu geben, anstatt die Mutter ihr Kind selber nehmen zu lassen.

Beobachtungen zeigen aber, daß manche Mütter – zwar nicht alle, aber eben manche – wie erschreckt zusammenzucken, wenn ihnen ihr Kind so plötzlich auf den Bauch „geklatscht“ wird. Das ist weder für die Mutter noch für das Kind schön. Die Mutter hat vielleicht noch nicht begriffen, daß sie die Geburt geschafft hat und braucht einen Moment Atempause. Und das Kind sollte im allerersten Moment des Kontaktes nicht ein Zurückweichen erfahren sondern ein Angenommensein.

Wir sind nun einmal Individuen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Temperamenten, so daß wir alle auch die erste Kontaktaufnahme unterschiedlich gestalten, nicht nur in unserem alltäglichen Leben sondern auch in dem Moment der Geburt.

Beobachtungen selbstbestimmter Kontaktaufnahmen von Müttern mit ihren Neugeborenen zeigen, daß die Zeitspanne von sofort (Das Köpfchen ist quasi gerade erst geboren, und schon greift die Mutter bereits nach ihrem Kind und lässt es sich in die eigenen Hände gleiten.) bis einige Minuten nach der Geburt variieren kann. Die meisten Mütter haben nach spätestens fünf Minuten ihr Kind zu sich genommen. Manche Mütter brauchen einfach etwas Zeit. Sie wollen erst gucken und staunen oder vielleicht zunächst nur mit den Fingern über die Haut Ihres Kindes streicheln. Sie drehen sich vielleicht zwischendurch noch einmal zu ihrem Partner um, um sich mit ihm zu freuen und sich küssen zu lassen, und dann erst ganz langsam nehmen sie es hoch. Und das ist genauso gut und richtigwie das Sofort-nach-dem-Kind-greifen.

Wie wissen ja, die Art und Weise der Kontaktaufnahme prägt die Beziehung. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: „Einen ersten Eindruck kann man immer nur einmal machen.“ Und es gibt eben verschiedene Arten und Weisen der Kontaktaufnahme, mit der die Mutter-/ Eltern-Kind-Beziehung positiv beginnen kann.

Und wir in der Geburtshilfe Tätigen, Hebammen und ÄrztInnen, können doch gar nicht wissen, wer Sie eigentlich sind, was am besten zu Ihnen paßt. Vielleicht haben sogar Sie eine Phantasie von dem Moment der Geburt, empfinden aber dann, wenn es soweit ist, überraschender Weise doch etwas anders. Also sollten wir, die wir geburtshilflich für Sie da sind, Zurückhaltung üben von dem Moment an, an dem Ihr Kind geboren ist -, vorausgesetzt natürlich, es ist medizinisch alles in Ordnung, was es ja auch meistens ist.

Auf die Einhaltung der Regeln für eine selbstbestimmte Kontaktaufnahme wurde und wird z.B. an meiner Ausbildungsklinik dem VPH Bensberg (Interessante Adressen & Links: Vinzenz-Pallotti-Hospital Bensberg) ganz streng geachtet:

Die selbstbestimmte Kontaktaufnahme gibt es jedoch auch an Kliniken, denen das Bonding wichtig ist, und die es mit den weiter oben zuerst genannten Punkten fördern, leider immer noch erst selten.

Aber Sie haben die Möglichkeit, Ihre Wünsche im Vorfeld entweder mit Ihrer eigenen Hebamme oder bei der Geburtsanmeldung in der Klinik zu besprechen. Sie können auch einen Wunschzettel in Ihre Akte legen lassen, auf dem Sie notiert haben, was Ihnen für Ihr Bonding ganz praktisch wichtig ist PDF-Downloads: Welche-Wünsche-zur-Geburt-wichtig-sein-dürfen). In der Regel wird das geburtshilfliche Team gerne auf Ihre Wünsche eingehen.

Bonding nach schwierigen Geburten oder Sectio

Eine wichtige Voraussetzung für das natürliche Bonding-Bedürfnis von Müttern ist die Förderung einer natürlichen Geburt. Denn Mütter mit schwierigen Geburten können sich manchmal nicht so spontan auf das Bonding einlassen und brauchen dazu mehr Ermutigung. Und auch wenn die meisten Geburten normal verlaufen, kann es dennoch immer wieder einmal zu einer Situation kommen, in der ein Mehr an medizinischer Unterstützung sinnvoll ist. Daher suchen Sie sich einen Geburtsort,

Bonding ist auch nach Sectio-Geburt möglich.

In der Regel geht das Bestreben heute dahin, daß eine Sectio in PDA durchgeführt wird, so daß die Mutter die Geburt ihres Kindes wach erleben kann:

 

Und wenn die Sectio-Entbindung in Vollnarkose gemacht werden muß, ist immer noch einiges möglich:

Kann Bonding nachgeholt werden?

Ja, Bonding kann selbstverständlich nachgeholt werden. Und das sollten Sie ggf. so früh wie möglich tun. Denn je älter Ihr Kind ist, umso mehr Zeit oder Wiederholungen wird es eventuell brauchen.

Bonding können Sie nachholen:

Wenn Sie ein Bonding-Bad machen möchten, geht das so: 1

 

Bonding – Ihr angeborenes Recht

Sollte es vereinzelt nicht der Fall sein, daß auf Ihre Bonding-Wünsche eingegangen wird, möchte ich Sie bestärken: Die einzige Person, der Sie verpflichtet sind, das ist Ihr Kind.

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Sie sind weder zur Anpassung gegenüber einer unverständigen Person verpflichtet, noch sind Sie das einer unflexiblen klinischen Routine gegenüber –, die sich sehr wohl anders und besser organisieren ließe. Es gibt genug Kliniken, die das in ihrem bondingfreundlichen Ablauf beweisen und deren Türen Ihnen offen stehen.

Denn auch als Mensch ist es Ihr angeborenes Recht, Ihr Kind ungestört bei sich zu behalten. Und außerdem ist das die Belohnung für Ihre Geburtsarbeit.

1Dies ist eine allgemeine Erklärung für das Bonding-Bad. Da ich aber weder Sie noch Ihre genauen

Umstände kenne, kann ich selbstverständlich keinerlei Haftung für Ihr Bonding-Bad übernehmen.

Bitte sprechen Sie Ihre Hebamme daraufhin an.